date 10.04.2023

shows Jet Leg All Star Radio Show

station ORF Radio Ö1

category latenight

Feiertagsjetlag — Jet Lag All Stars Radio Show

Details

Night Radio Special

Jet Lag All Stars Radio Show bekommt einen neuen Sendeplatz

Radio aus den Parklücken der Aufmerksamkeit
Live-Stream: Mo 10.04.2023 —  22:05-23:55 ORF Radio Ö1

Nachzuhören auf ORF Sound bis Mo 17.04.2023

Ab April 2023 schlägt der so vorhersehbare wie schwer vermeidliche Jetlag in Ö1 immer am Feiertag zu, immer kurz nach 22 Uhr. Und er dauert bis Mitternacht, die subkutanen Folgewirkungen nicht miteingerechnet. Bisher war diese Ö1 Sendung aufgrund ihrer unregelmäßigen Sendezeiten so schwer zu finden, wie sie verrückt war.

In der Jet Lag All Stars Radio Show wurde hörbar gekocht und getanzt und ins Bügelzimmer geladen. Die Jet Lagger wanderten schon vor Jahren ausgestattet mit Mikrofonen vom Wiener Funkhaus zu Fuß auf den Küniglberg, nur um dort vom Portier nicht eingelassen zu werden. Nächtliche Taxifahrten zählen ebenso zum Standardrepertoire der Jet Lag-Reportagen wie nächtliche Anrufe irgendwo auf dieser Welt, wo gerade die Sonne erst auf- oder soeben untergeht. Einmal übernahm der legendäre Tontechniker „da Pally“ überhaupt die gesamte Moderation der Sendung, ein andermal erklärte uns der Quantenmechaniker und Atomphysiker Herbert Pietschmann in einer Livesendung um circa 23.30 Uhr doch glatt, auf dieser Erde würden die Uhren richtig gehen, aber die Zeit falsch laufen. Zumindest unter bestimmten Umständen.

Zum Neuanfang hat Jet Lag-Gründungsmitglied Alexander Ach Schuh einen programmatischen poetischen Text verfasst:

„Wenn es Nacht wird, wärmen wir uns am Feuer des Radiogeräts. Kann sich überhaupt jemand erinnern? Ist das schon einmal passiert? Mit geschlossenen Augen binden wir aus einer bruchstückhaften Geschichte einen ganzen Strauß aus Staunen, Argwohn und Lachen. Wir sagen dann: Wie schön ist sie doch, diese Tulpe der Nacht, das ist selten wie ein Feiertag, rätselhaft wie ein Déjà-vu, kostbar wie ein Tagtraum, heilsam wie eine Erinnerungslücke, rettend wie das Erwachen aus dem Sekundenschlaf. Wir sagen dann: Das ist der Jetlag, die andere Seite unserer psychischen Ausstattung, das ist dort, wo besonders spürbar wird, welche Fabelwesen wir tagaus, tagein verkörpern, ohne je ganz darin zu Hause zu sein. Wir können uns also nur wiederholen. Wir wiederholen uns, da wir uns verpassen. Und wir fragen dann: Und was habe ich heute feiertäglich so getragen, was hänge ich zurück in den Kasten?

Und was wir alles nicht sind. Oh ja, das ist noch ärger! Der Jetlag ist keine Neuigkeit, keine abgesicherte und geprüfte Meinung, kein Erdbeben, keine geophysische Verwerfung, aber doch ein Riss im Strom der jäh vereinzelten Aufmerksamkeit. Ein Ach, ein Weh, ein Nein, ein Oh, ein Ah, ein Ja dort, wo uns etwas, ein Bruchstück, ein Ausblick, ein Gehsteig herausgeschossen wird aus dem eben noch stimmigen Bild. Wir sagen dann: Das ist es, was wir mit Jetlag meinen, diese verschütteten und nicht leicht und einfach zugänglichen Erfahrungen von Rettung, von Ankommen und Dasein. Es ist ganz leicht: Schließen wir die Augen und versuchen die Gute-Nacht-Bildgeschichte, die wir immer vorgelesen haben wollten, nachzuerzählen.

Darum braucht es auch viele verschiedene Zugänge, Ansichten, Hände, Sensoren und Hilfsmittel, um nur eine Tür zu öffnen. So ist es eben im Licht des Radiogeräts, wie beim Versuch, herabtropfendes Wasser aufzufangen: Es reicht nicht ein Behältnis, auch wenn dies uns im Augenblick genügt, so laufen wir doch über, das Behältnis muss geleert werden und schnell braucht es ein nächstes. Diese Behältnisse sind unsere Rubriken, die immer wieder ein wenig oder zu viel von dem allzu nahen, unnahbaren Ereignis aufsammeln, wenn das Leben sich selbst verfehlt und doch ganz bei sich ist, zwischen Eifersucht, Selbstverletzung und Sekundenschlaf.
Wenn es Nacht wird und die Rituale den hohen Ton des Feiertags nicht mehr halten können, ist dieser Pflasterstein mein Avatar, mein Feuer, mein Radio.“

Die Jet Lag All Stars: Rainer Elstner, Robert Czepel, Alexander Ach Schuh, Elke Tschaikner, Christian Scheib, Thomas Tesar, Klaus Wienerroither